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Aktuelle Berichte aus unseren Projektbüros
Die Corona-Pandemie in Südosteuropa

Wie haben die Länder auf der Balkanhalbinsel ein Jahr mit der Corona-Pandemie bewältigt? Unsere Büroleiterinnen und Büroleiter in Albanien, Bulgarien, Griechenland, Kroatien und Serbien schildern die jeweiligen Maßnahmen und Strategien ihrer Projektländer.

  • Albanien ist besonders von Corona betroffen
  • Bulgarien und die Folgen der Pandemie 
  • Griechenland hofft auf Touristen im Sommer
  • Kroatien: Erdbeben und Pandemie
  • Serbien im „Zickzackkurs“ gegen Corona 

Das Institut für Europäischen und Transatlantischen Dialog der Hanns-Seidel-Stiftung ist mit zahlreichen Projekten im Bereich der gesellschaftspolitischen Zusammenarbeit sowie der Förderung demokratischer und marktwirtschaftlicher Strukturen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa vertreten. Insbesondere die Länder auf der Balkanhalbinsel, die wirtschaftlich und politisch noch mehr oder weniger weit hinter westeuropäischen Standards zurückliegen, sind durch die derzeitige Krise im Zusammenhang mit Covid-19 und den Mutanten des Coronavirus in ihrer Weiterentwicklung stark beeinträchtigt.

Die Länder Südosteuropas, zum Teil bereits EU- und NATO-Mitglieder wie Griechenland, Kroatien und Bulgarien, zum Teil aber noch im EU-Beitrittsprozess (Serbien) und davor (Albanien) stehend, haben historisch und kulturell viele Gemeinsamkeiten. Es ist deshalb interessant zu vergleichen, wie sie sich in der gegenwärtigen Krise seit März 2020 entwickeln und wie Regierung und Bevölkerung, Staat und Gesellschaft versuchen, der Probleme Herr zu werden, die mittlerweile auch in Deutschland viel Ratlosigkeit verursachen. Wir haben daher unsere Büroleiterinnen und Büroleiter in Tirana, Sofia, Athen, Zagreb und Belgrad, alle als erfahrene Ortskräfte langjährig mit der Hanns-Seidel-Stiftung verbunden, gebeten, ihre Eindrücke vor Ort aus den letzten 13 Monaten im Zeichen von Corona zu schildern und uns ihre persönliche Einschätzung der Perspektiven für ihr Land vorzustellen.

Ausgangssperre in Tirana.

Ausgangssperre in Tirana.

© ROLAND TASHO

Dabei ist es zu einigen überraschenden Ergebnissen gekommen, die hier gar nicht stichhaltig erklärt werden können, vielmehr nachdenklich stimmen, wie manch andere Corona-Berichte in diesen Tagen. So haben die Nachbarländer Griechenland und Bulgarien sehr unterschiedliche Corona-Strategien entwickelt, und dennoch sahen die Kurven, die die 7-Tage-Inzidenzen dort darstellen, lange ziemlich ähnlich aus. Und Albanien, das mit dem vielleicht härtesten Lockdown in der Region zwischen März und Mai 2020 eine erste Corona-Welle im vergangenen Frühjahr vermieden hatte, blickt nach Inzidenzwerten von über 250 im Februar 2021 plötzlich auf einen steilen Fall der Kurve, ohne dass die bisherige Impfkampagne als erfolgreich bezeichnet werden könnte. Es wird allerdings in Albanien im Vorfeld der Parlamentswahl sehr wenig getestet – ob das schon als Erklärung ausreicht?

Die meisten aktuellen Corona-Vergleichszahlen für die folgenden Berichte wurden mit dem Stichtag 22. März 2021 der Internetseite https://www.corona-in-zahlen.de/weltweit/  entnommen, in der auch die einzelnen Kurvenverläufe der Tagesinzidenzen in jedem Land seit März 2020 dargestellt sind. Hinter den Zahlen, die uns alle wohl noch monatelang beschäftigen und zum Spekulieren über das ersehnte Ende der Krise Anlass geben werden, stehen unzählige menschliche Schicksale, von denen in Deutschland täglich in allen relevanten Medien ausführlich berichtet wird. Beim Lesen dieser Berichte kann man einmal die deutsche Perspektive ruhen lassen und sich in die Schicksale der Menschen auf dem Balkan, in Südosteuropa, vertiefen.

Während des Lockdowns waren in Albaniens Hauptstadt Tirana die Geschäfte geschlossen.

Während des Lockdowns waren in Albaniens Hauptstadt Tirana die Geschäfte geschlossen.

© ROLAND TASHO

Die COVID-19-Pandemie führte in Albanien (2,9 Millionen Einwohner) bis zum Oktober 2020 nur zu allmählich steigenden Infektionszahlen. Erst am 18. Oktober wurde der 7-Tage-Inzidenzwert von 50 überschritten und erreichte Mitte Februar 2020 den bisherigen Höhepunkt von 270. Seit Ende Februar sinkt er stetig und lag am 22. März auf 130, bis dahin wurden 121.000 COVID-19-Infektionen (4,2 Prozent der Bevölkerung) und 2.100 Corona-bedingte Todesfälle erfasst.

Maßnahmen gegen Corona

Nachdem Anfang März 2020 die ersten offiziellen Corona-Fälle in Albanien bekannt geworden waren, ordnete die Regierung rasch strenge Restriktionen an. Schulen, Universitäten, Bars, Restaurants und Geschäfte wurden geschlossen, Lebensmittelläden und Apotheken waren wochentags nur bis 13.00 Uhr geöffnet. Nur eine Person je Haushalt und Tag durfte für eine Stunde und mit Erlaubnis über die Handy-App „E-albania“ zum Einkaufen aus der Wohnung gehen, von Samstagnachmittag bis Montagfrüh galt eine Ausgangssperre. Der öffentliche Verkehr wurde eingestellt, nur mit Sondergenehmigung konnten Privatautos benutzt werden, ferner wurden die Grenzen zu den Nachbarstaaten geschlossen und der Flug- und Fährverkehr fast vollständig eingestellt. Wohl dank dieser strengen Maßnahmen blieben die Ansteckungszahlen im europäischen Vergleich sehr niedrig, so dass ab dem 18. Mai die Maßnahmen gelockert und im Juli die Einschränkungen aufgehoben werden konnten. Als es dann ab Mitte Oktober 2020 erstmals zu einem steilen Anstieg der Corona-Inzidenzen kam, wurde das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in allen öffentlichen Räumen obligatorisch, und seit dem 10. Februar 2021 gilt eine landesweite nächtliche Ausgangssperre von 20.00 bis 06.00 Uhr.

Wirtschaftliche Folgen

Die von der Regierung in Tirana zu Beginn der Pandemie erlassenen restriktiven Beschränkungen führten zu vielen Geschäftsschließungen, die eine markante Rezession zur Folge hatten. Nach Angaben der Europäischen Kommission schrumpfte die albanische Wirtschaft im zweiten Quartal 2020 um 10,2 Prozent und 34.000 Arbeitsplätze gingen verloren, die Beschäftigung ist in vielen Bereichen zum Stillstand gekommen. Die am stärksten betroffenen Wirtschaftsbranchen sind Tourismus, Dienstleistungen, Transport, Bauwirtschaft und die Fertigungsindustrie. Laut Prognosen könnten sich diese Sektoren aber bis 2023 wieder weitgehend erholen.

Einschränkungen von Grundrechten

Im Rahmen der ersten Maßnahmen gegen Corona erließ die Regierung im März 2020 unter Umgehung des Parlaments Gesetze, die die Grundrechte der Bürger einschränkten und staatsrechtlich auf fragwürdige Weise zustande kamen. Die Anwendung eines beschleunigten Verfahrens zur Änderung des Strafgesetzbuchs legte die Vermutung nahe, dass die albanische Regierung die Pandemie und die anhaltende institutionelle und konstitutionelle Krise dazu nutzen wollte, ihre Exekutivgewalt weiter auszubauen. Zivilgesellschaftliche Organisationen kritisierten in einem offenen Brief die Änderungen des Strafgesetzbuchs als völlig unverhältnismäßig, da nun für Verstöße gegen die Quarantäne- oder Isolationsvorschriften Freiheitsstrafen von bis zu 8 Jahren drohen. Premierminister Edi Rama, der auch Vorsitzender der Sozialistischen Partei ist, ignorierte jedoch dieses Schreiben. Die verschärften Strafrechtsbestimmungen fanden auch bei friedlichen Protesten Anwendung und führten zu einem rigorosen und als unverhältnismäßig angesehenen Einschreiten der Polizeikräfte.

Auswirkungen auf Bildung und Gesundheit

Besonders betroffen von der Pandemie ist wie überall das Bildungssystem. Laut einer Studie haben Studierende, Schülerinnen und Schüler große Schwierigkeiten bei der Durchführung des Online-Unterrichts, nicht nur wegen schlechten Internetverbindungen, sondern auch, weil sich nicht alle einen Zugang zum Internet leisten können. Die Eskalation der Ansteckungen im Oktober deckte zudem die strukturellen Probleme des Gesundheitssystems in Albanien und die allgemeine Schwäche der staatlichen Institutionen auf. Schwerwiegend ist die geringe Anzahl durchgeführter Corona-Tests (500.000), deren rechnerische Rate von 17 Prozent der Bevölkerung sehr niedrig im europäischen Vergleich ist. Geringe Kapazitäten für Prävention und Management der Pandemie haben die zwingende Notwendigkeit zum Ausbau der Personalinfrastruktur im Gesundheitssystem deutlich gemacht, das Vertrauen der Bürger in dieses ist sehr gering.

Beginn der Impfungen

Die Corona-Impfungen begannen in Albanien im Januar 2021, die Kampagne verläuft schleppend. Zuerst wurde medizinisches Personal geimpft, und zwar mit Hunderten Dosen, die ein anonymes EU-Land gespendet hatte. Am 1. März kamen in Tirana die ersten 15.000 von insgesamt 500.000 bestellten Dosen von Pfizer/BioNTech an. Albanien erwartet außerdem über das WHO-Programm COVAX 1,1 Millionen Impfeinheiten, wovon bisher 38.000 der Marke AstraZeneca eintrafen. Derzeit sind die albanischen Behörden der Ansicht, dass die Situation bei den gegebenen Infektionszahlen beherrschbar bleibt, zumal bald weitere Impfstoffe zugelassen werden. Unter dem zunehmenden Druck der rückläufigen Wirtschaft wären weitere Einschränkungen sehr unpopulär und würden am ehesten der sozialistischen Regierung schaden, insbesondere vor den Parlamentswahlen am 25. April.

Autorin: Nertila Mosko, Leiterin des Projektbüros in Albanien

In den Winterkurorten sind die Skianlagen trotz Corona in Betrieb und werden genutzt.

In den Winterkurorten sind die Skianlagen trotz Corona in Betrieb und werden genutzt.

© Krastev (HSS/Bulgarien)

Die Corona-Pandemie verlief bisher in Bulgarien (7 Millionen Einwohner) mit großen Schwankungen. Im Frühjahr 2020 war das Land nicht so stark betroffen wie viele andere in Europa. Bis Ende Juni gab es nur rund 5.000 Fälle mit 200 Corona-bedingten Opfern. Ende Oktober und November kam es zu einem sehr starken Ausbruch der Pandemie. Bulgarien belegte wochenlang mit einer 7-Tage-Inzidenz je 100.000 Einwohner von ca. 350 und wöchentlich über 900 Todesopfern einen der ersten Plätze in Europa. Nach einem starken Rückgang der Inzidenzwerte von Ende Dezember 2020 bis Mitte Februar 2021 auf unter 50 gibt es erneut einen konstanten Anstieg der Neuinfektionen – in der sog. „dritten Welle“ liegt am 22. März der Inzidenzwert wieder bei 358, insgesamt sind schon 12.000 Menschen gestorben.

Maßnahmen gegen Corona

Mit Ausnahme der ersten Monate bis Mai 2020 ist die Corona-Politik Bulgariens weit weniger restriktiv als im Nachbarland Griechenland (das in den zurückliegenden Monaten dennoch vergleichbare Inzidenzwerte aufwies) und in den meisten anderen EU-Staaten. Ausgangsbeschränkungen oder nächtliche Sperrstunden hat es hier nie gegeben. Seit Mai 2020 sind die Hotels im ganzen Land, auch während der zweiten Pandemie-Welle im Spätherbst, nicht mehr geschlossen worden. Ganz im Gegenteil, in den Winterkurorten arbeiten alle Skianlagen und in den Hotels gibt es v.a. inländische, aber auch ausländische Touristen. Die Hotels in den Thermalkurorten blieben bis vor wenigen Tagen, insbesondere an Wochenenden, stark belegt. Von November bis Februar waren nur die Restaurants, die Kinos, die Fitnesszentren und die großen Einkaufszentren (Malls) geschlossen. Im Januar und Februar hat man stufenweise den Präsenzunterricht in den Schulen wiedereingeführt, die Einkaufszentren (Malls) sowie Kinos mit maximaler Auslastung von 30 Prozent und zuletzt ab dem 1. März die Restaurants (50 Prozent Auslastung) geöffnet.

Generell hat die bulgarische Regierung mehrmals betont, dass es effektiver sei, mildere Restriktionen zu haben, die aber von den meisten Menschen akzeptiert und befolgt würden, als strengere, die zum großen Teil auf Ablehnung stießen. Der jetzige Anstieg der Fälle wird primär mit der starken Verbreitung der englischen Mutation des Virus (zwischen 70 und 90 Prozent) erklärt. Wegen des aktuell rasanten Zuwachses der Covid-Fälle und der starken Belastung für die Krankenhäuser wurden in Bulgarien ab dem 22. März (vorerst für 10 Tage) wieder Restriktionen eingeführt, die mit denen ab November vergleichbar sind.

Wirtschaftliche Auswirkungen von Corona

Durch die sehr milden Restriktionen zur Eindämmung der Pandemie konnte Bulgarien den wirtschaftlichen Einbruch in der ersten Jahreshälfte 2020 relativ gut bewältigen. Im dritten und vierten Quartal 2020 gab es mit ca. 2 Prozent und 4 Prozent bereits wieder einen Zuwachs des BIP. Die Arbeitslosigkeit  lag im Dezember 2020 bei 6,7 Prozent, ein Jahr zuvor war sie bei 5,9 Prozent. In Bulgarien laufen verschiedene soziale Programme – Staatshilfen für betroffene Unternehmen (60 Prozent der Gehälter der Arbeitnehmer werden vom Staat subventioniert), zinslose Kredite, Zulagen zu den Renten u.a. Die wirtschaftliche Prognose für 2021 ist optimistisch: Die bulgarische Zentralbank erwartet einen Anstieg des BIP um 3,7 Prozent, Wirtschaftssektoren wie Bau, Dienstleistungen, Einzelhandel und Produktion funktionierten auch in den letzten Monaten ohne große Einschränkungen.

Impfstrategie

Eine drastische Ausweitung der Pandemie in den nächsten Wochen und Monaten kann zwar nicht ausgeschlossen werden, doch die meisten Experten prognostizieren für Bulgarien ein Abebben der dritten Welle im April und spätestens im Sommer einen starken Rückgang der Neuinfektionen. Bis zum Herbst erwartet man, dass die Zahl der Geimpften und von Covid Genesenen bereits so groß sein wird, dass es danach höchstens noch zu kleineren Pandemiewellen kommen kann. Die Mengen an Impfstoff, aber auch die Impfbereitschaft, waren in Bulgarien zu Beginn dieses Jahres gering. Für März werden insgesamt rund 500.000 Impfdosen erwartet, ab April soll die Menge deutlich wachsen. Um die Impfkampagne zu beschleunigen und der Skepsis entgegenzuwirken, hat die bulgarische Regierung ihre Impfstrategie geändert. Seit Februar gibt es parallel zu den üblichen Impfzentren ca. 300 sog. „grüne Korridore“, an denen sich jeder Bürger mit elektronischer Voranmeldung impfen lassen kann. Verimpft wird primär der Impfstoff von Astra-Zeneca.

Bevorstehende Parlamentswahlen

Am 4. April werden in Bulgarien reguläre Parlamentswahlen durchgeführt. Die Umfragen vor der Endphase des Wahlkampfes deuten auf einen wachsenden Vorsprung der regierenden GERB. Partei von Ministerpräsident Bojko Borissow vor der Sozialistischen Partei hin (zwischen 4 Prozent und 6 Prozent). Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass die bisherige balancierte Politik der Regierung zwischen Maßnahmen gegen die Pandemie und Erhalt der Wirtschaft von der Bevölkerung grundsätzlich positiv bewertet wird.

Autor: Bogdan Mirtchev, Leiter des Projektbüros in Bulgarien

 

Die Athener Riviera unter Corona-Bedingungen. Umworben werden in diesem Sommer Touristen aus Israel, die schon gegen das Virus geimpft sind.

Die Athener Riviera unter Corona-Bedingungen. Umworben werden in diesem Sommer Touristen aus Israel, die schon gegen das Virus geimpft sind.

SHansche; HSS; istock

Aufgrund frühzeitiger strikter Kontaktbeschränkungen und einer in der Mehrheit erstaunlich disziplinierten Bevölkerung bekam Griechenland (10,7 Millionen Einwohner) im Frühjahr 2020 das Infektionsgeschehen schnell in den Griff. Dafür erntete Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis viel Anerkennung.

Die dritte Corona-Welle

Nun ist Griechenland in die europaweite dritte Welle der Pandemie geraten, die Zahlen explodieren förmlich. Nach derzeitigem Stand (22. März 2021) verzeichnet Griechenland bisher rund 240.0000 registrierte Corona-Infektionen, täglich kommen durchschnittlich über 2.200 neue Fälle hinzu. Mehr als 7.500 Personen sind in Verbindung mit Covid-19 gestorben. Der 7-Tage-Inzidenzwert pro 100.000 Einwohner beträgt 153 (zum Vergleich: Deutschland 107).

Das griechische Gesundheitssystem arbeitet nahe an seiner Kapazitätsgrenze und die Viruslast steigt unaufhaltsam. In der Region Attika und Athen sind die Krankenhäuser bereits überlastet. Patienten müssen in Privatkliniken oder in Krankenhäuser benachbarter Regionen verlegt werden. Die Mobilität der Bürger aufgrund des Frühlingswetters sorgt für Bedenken in der Regierung, und man sucht nach Lösungen, um sie zumindest für begrenzte Zeit einschränken zu können.

Besorgniserregend ist auch die Tatsache, dass sich das Virus in letzter Zeit unter jungen Menschen verbreitet, von denen auch immer mehr in Krankenhäuser eingeliefert werden. Sogar ein 40 Tage alter Säugling ist vor wenigen Wochen an Covid-19 gestorben. Die Regierung hat bereits seit dem 11. Februar Kitas und Schulen bis vorerst Ende März in ganz Griechenland geschlossen, es wurde auf Fernunterricht umgestellt. Das epidemiologische Bild erlaubt derzeit keine Lockerung der Maßnahmen. Frühestens ab Ende März erwarten die Experten eine allmähliche Abschwächung. Ziel der Regierung ist es, dass bis Juli 5,5 Millionen Griechen geimpft sein sollen.

Folgen für die Wirtschaft

Die Pandemie hat die griechische Volkswirtschaft laut ELSTAT (Griechische Statistikbehörde) im Jahr 2020 etwa 41 bis 42 Milliarden Euro an Umsätzen gekostet. Wie die Behörde mitteilte, verzeichnete der Gesamtumsatz aus allen Aktivitäten der Wirtschaft im vergangenen Jahr ein Minus von 13,5 Prozent gegenüber 2019. Den größten Rückgang mit 53,4 Prozent erlitten der Beherbergungs- und Gastronomiesektor.

Der Tourismus

Premierminister Mitsotakis hat das Ziel gesteckt, dass 2021 durch den Tourismussektor neun Milliarden Euro an Einnahmen erwirtschaftet werden sollen, was zumindest der Hälfte des Rekordjahres 2019 entspräche. Diesbezüglich wurden Kontakte zu Israel aufgenommen, wo das Impfverfahren besonders schnell voranschreitet. Angestrebt wird, dass Israelis im Sommer möglichst in großer Zahl in Hellas ihren Urlaub verbringen sollen. Gegenüber seinen Kollegen in der EU unterbreitete der griechische Tourismusminister Charis Theocharis Vorschläge, damit die diesjährige Saison deutlich besser verlaufen könne als die des Vorjahres. Der „Schlüssel“ hierfür könnte ein gemeinsamer „EU-Impfpass“ sein. Allerdings soll es für die EU-Bürger nicht verpflichtend werden, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen, um reisen zu dürfen. Der Minister erklärte, dass ein solcher Pass das Reisen auf jeden Fall deutlich vereinfachen würde, denn das Sicherheitsgefühl sei oft ausschlaggebend für die Entscheidung, seinen Urlaub im Ausland zu verbringen.

Perspektiven für Gastronomie, Einzelhandel und sonstige Unternehmen

Gravierende Probleme gibt es in Griechenland auch beim Gastronomiegewerbe. Cafés, Bars und Gaststätten haben, wenn man den Lockdown vom Frühling 2020 hinzuzählt, bereits über sechs Monate geschlossen. Etwa 9.000 der 80.000 dieser Unternehmen, die noch vor der Corona-Pandemie in Betrieb waren, könnten für immer schließen. ELSTAT berechnete, dass der Umsatz der Branche im Jahr 2020 um 2,28 Milliarden Euro (ein Minus von 38 Prozent im Vergleich zu 2019) zurückgegangen ist. Der Verband der Gaststätten- und verwandter Berufe (POESE) hat darauf hingewiesen, dass drei Viertel dieser Unternehmen im Zuge der Corona-Pandemie den Betrieb vorübergehend einstellen mussten, wovon 200.000 Mitarbeiter betroffen seien.

Die Regierung hat seit dem Ausbruch der Pandemie 6,4 Milliarden Euro als finanzielle Unterstützung für betroffene Angestellte und Arbeitslose ausgezahlt, um Einkommensverluste aufgrund der Schließung von Betrieben der Gastronomie, von Geschäften und sonstigen Unternehmen zu lindern. Wenn alles nach dem Plan der Regierung verläuft und die derzeitigen Einschränkungen Früchte tragen, dann sollen schon Ende März der Einzelhandel und eventuell auch die Schulen öffnen und im Laufe des Aprils auch die Gastronomiebetriebe im Freien, bevor zwischen April und Mai die Einreise von Touristen aus Corona-sicheren Ländern wieder möglich werden könnte.

Autorin: Polixeni Kapellou, Leiterin des Projektbüros in Griechenland

Zwei heftige Erdbeben hinterließen Schäden wie hier in der Innenstadt von Zagreb. Ihre Bewältigung und der Kampf gegen Corona sind große Herausforderungen für Kroatien.

Zwei heftige Erdbeben hinterließen Schäden wie hier in der Innenstadt von Zagreb. Ihre Bewältigung und der Kampf gegen Corona sind große Herausforderungen für Kroatien.

© Aleksandra Markic Boban

Am 25. Februar 2020 wurde der erste Fall einer Corona-Erkrankung in Kroatien (4 Millionen Einwohner) bestätigt. Innerhalb von 13 Monaten, bis zum 22. März 2021, sind fast 260.000 Personen im Land an COVID-19 erkrankt, davon ca. 5.800 mit tödlichem Ausgang. Die 7-Tage Inzidenzwert liegt momentan bei 161.

Erdbeben und Corona

Die COVID-19 Pandemie, gepaart mit zwei starken Erdbeben (im März 2020 in Zagreb sowie im Dezember 2020 in der von Zagreb 50 Kilometer entfernten Region Sisak/Petrinja/Glina), stellte das Krisenmanagement von Regierung und Behörden vor schwere Herausforderungen. Die vom Tourismus stark abhängige und wenig diversifizierte kroatische Wirtschaft erlitt einen harten Rückschlag. So schrumpfte das BIP (Bruttoinlandsprodukt) im Jahr 2020 um 8,4 Prozent, die Arbeitslosigkeitsrate stieg von 5,9 Prozent Ende 2019 auf 9,5 Prozent im Dezember 2020 und hat sich damit fast verdoppelt. Zu den Sofortmaßnahmen der kroatischen Regierung gehörten u.a. die Senkung der Einkommenssteuer um einige Prozentpunkte sowie der Steuer auf Nahrungsmittel von 25 auf 13 Prozent, um den schrumpfenden Privatverbrauch anzukurbeln.

Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie

Im Herbst 2020 hat sich die Pandemielage dramatisch verschlechtert, insbesondere im Dezember, als der 7-Tage-Inzidenzwert in Kroatien 621 betrug und einer der höchsten in der EU war. Die im europäischen Vergleich milden Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung wurden erst Ende November verschärft. Sie bezogen sich auf die Begrenzung der Teilnehmerzahl bei öffentlichen Versammlungen auf 25 Personen sowie auf Einschränkungen bei privaten Treffen, die Schließung von Sporthallen und der Gastronomie; Homeoffice als Arbeitsmodus wurde Arbeitgebern offiziell empfohlen. Am 1. Dezember 2020 wurden die Einreisebestimmungen für Kroatien verschärft: Reisende aus EU-Ländern müssen nun einen negativen PCR-Test vorlegen, der bei Einreise nicht älter als 48 Stunden sein darf. Eine Verbesserung der Lage im Verlauf des Januars 2021 führte zu Lockerungen durch die Regierung seit Anfang Februar. Dies bezog sich zunächst auf die Schulen, die den Wechsel- bzw. Präsenzunterricht mit Mindestabstand wiedereinführten. Ebenso durften Sportanlagen und Fitnesszentren wieder öffnen und seit März ist es Cafés und Restaurants erlaubt, Gäste auf den Terrassen zu bewirten. Das Land erwartet aber aktuell eine dritte Pandemiewelle, da seit einer Woche die Infektionszahlen deutlich steigen.

Das Vertrauen sinkt

Im Unterschied zur ersten Pandemiewelle ist das Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen in die Regierung und deren Krisenmanagement während der zwei weiteren Krisen im Jahr 2020 – die zweite Pandemiewelle und das erneute Erdbeben – erschüttert worden. Nachdem noch vor dem Sommer mehr als die Hälfte der Einwohner die Politik der HDZ-Regierung unterstützt haben, meinen nun neuesten Meinungsumfragen zufolge mehr als 70 Prozent, dass das Land politisch nicht gut geführt werde. Die kroatische Regierung und deren Corona-Krisenstab wurden in der Öffentlichkeit wegen inkonsequenten Handelns heftiger Kritik unterzogen. Dies wurde insbesondere dadurch deutlich, dass die Maßnahmen gegen die Pandemie von prominenten Persönlichkeiten ohne Konsequenzen umgangen werden konnten und dabei die Begrenzungen der Teilnehmerzahl um ein Vielfaches überschritten wurden. Viele Kroaten haben besonders durch persönliches Engagement große Solidarität gegenüber den Opfern des starken Erdbebens in Sisak/Petrinja/Glina gezeigt, während die staatlichen Institutionen viel zu zögerlich reagierten.

Viele Herausforderungen

Im Jahr 2021 steht die kroatische Regierung vor gewaltigen Herausforderungen: Die Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, die Sanierung der Erdbebenschäden und die Rückführung der Wirtschaft zu einem Wachstum unter Pandemiebedingungen. Die landesweiten Kommunalwahlen Mitte Mai einerseits und die hohen Erwartungen an die Touristensaison andererseits werden zweifelsohne die Arbeit des Corona-Krisenstabs und die Regierungsentscheidungen bezüglich einer Verschärfung oder Milderung von Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung maßgeblich beeinflussen. Prognostiziert wird für dieses Jahr bereits wieder ein Wirtschaftswachstum von 5 Prozent, basierend auf Investitionen im Bausektor sowie auf einer Wiederbelebung der Tourismuswirtschaft. Dies ist jedoch nur realistisch unter der Voraussetzung, dass die Pandemie bis zum Sommer entscheidend zurückgedrängt und der Tourismus rechtzeitig wiederbelebt werden kann.

Der Beginn der Impfungen

Der Beginn der Impfkampagne seit Dezember 2020 vermag aber nicht optimistisch zu stimmen: Bisher verläuft sie ähnlich schleppend wie in den meisten Ländern der EU. Noch begnügt sich Kroatien mit den vereinbarten Impfstoffzuteilungen innerhalb der Gemeinschaft, erwägt jedoch, den russischen Impfstoff Sputnik V zu importieren, sobald für ihn eine Zulassung durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA vorliegt.

Autorin: Aleksandra Markic Boban, Leiterin des Projektbüros in Kroatien

 

Impfzentrum in einer Messehalle in Belgrad: Die Stühle für wartende Patienten symbolisieren die serbische Flagge: rot, blau und weiß. An einer Wand hängt das Porträt des serbischen Königs aus der Nemanjić Dynastie, Stefan Uroš II Milutin (1282-1321).

Impfzentrum in einer Messehalle in Belgrad: Die Stühle für wartende Patienten symbolisieren die serbische Flagge: rot, blau und weiß. An einer Wand hängt das Porträt des serbischen Königs aus der Nemanjić Dynastie, Stefan Uroš II Milutin (1282-1321).

© Milena Anđela Mišić-Atanacković,

Serbien mit seinen rund 7 Millionen Einwohnern gilt als einer der Spitzenreiter beim Impfen gegen Covid-19 in Europa. Seit Mitte Januar 2021 kann sich jeder Staatsbürger auf der serbischen E-Government-Seite für den Impftermin online registrieren. Bis zum 22. März wurden mehr als 2,2 Millionen Impfdosen verabreicht, zumeist mit Impfstoffen aus China und Russland. Bisher sind über 550.000 Infektionsfälle (8 Prozent der Bevölkerung) bestätigt, mit oder an Corona starben knapp 5.000 Menschen. Serbien wurde ab Juni 2020 vom deutschen RKI als „Risikogebiet“ eingestuft und gilt seit Januar als „Hochinzidenzgebiet“.

Unterstützung aus China

Schon zu Beginn der Corona-Krise im März 2020 hatte die serbische Staatsführung ihre Offenheit gegenüber Hilfe aus China demonstriert, als man dringend Masken und andere Schutzausrüstung brauchte. Damals brandmarkte Staatspräsident Aleksandar Vučić das anfängliche Zögern der EU als mangelnde Solidarität und wandte sich mit Anbiederungsgesten an die „lieben chinesischen Freunde, Schwestern und Brüder“. Mehr als die EU lieferte China seitdem zwar nicht, aber auf jeden Fall medienwirksamer.

Maßnahmen gegen Corona

Einen harten Lockdown mit Ausgangssperren, Geschäfts-, Hotel- und Restaurantschließungen, Schließung der Grenzen und Einstellung des ÖPNV gab es nur zwischen dem 15. März und dem 6. Mai 2020. Nachdem beim Ausbruch der Pandemie die Strategie der Regierung noch “Gesundheit vor Wirtschaft“ heißen mochte, müsste sie für die Zeit danach in „Wirtschaft vor Gesundheit“ umbenannt werden. Mehrere beliebte Skigebiete in Serbien sind in Betrieb, bis zum 17. März 2021 blieben Restaurants, Cafes und Shopping Malls geöffnet, die Einreise ins Land ist mit aktuellen negativen PCR-Tests möglich. Landesweite Einschränkungen bezogen sich bis vor kurzem, trotz periodisch wachsenden Infektionszahlen, vor allem auf die üblichen Hygienemaßnahmen und vorübergehende Öffnungszeitbegrenzungen von Gastronomiebetrieben und Diskotheken.

Seit Anfang März 2021 explodieren die Coronazahlen in Serbien wieder, täglich werden etwa 5.000 Neuinfektionen und über 30 Todesfälle bestätigt. Die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner stieg am 22. März auf 512, nachdem sie im Februar unter 200 gehalten werden konnte.  Der ärztliche Krisenstab warnt vor einem Kollaps des Gesundheitssystems, insbesondere in den wirtschaftlich schwachen Regionen Serbiens. Die Regierung zögert jedoch noch mit der Verhängung eines neuen harten Lockdowns. Vom 17. bis 21. März wurden alle Einrichtungen außer Lebensmittelgeschäfte, Apotheken und Tankstellen geschlossen, sie durften aber schon am 22. März mit Ausnahme von Einkaufszentren, Restaurants und Clubs wieder öffnen.

Schulen

Nachdem am 15. März 2020 der landesweite Ausnahmezustand verhängt worden war, wurden alle Kindergärten, Schulen und Universitäten geschlossen. Die Schulen stellten auf Fernunterricht um, obwohl geschätzt wird, dass drei Viertel der Lehrkräfte keine Erfahrung beim Gestalten und Umsetzen eines digitalen Unterrichts haben. Aufgrund der Verbesserung des Infektionsgeschehens und der Aufhebung des Notstands am 6. Mai konnten die Abschlussprüfungen unter Beachtung von Hygienemaßnahmen in Präsenzform stattfinden. Bis Anfang März 2021 fand der Schulunterricht überwiegend nach dem Modell des Wechselunterrichts statt, infolge der erneuten Verschärfung der Lage wechselten nun die Schulen der Sekundarstufe wieder zum Fernunterricht.

Politische Auswirkungen

Politisch führte der Kampf gegen Covid-19 in Serbien zu einer zunehmenden Personalisierung der Macht, mit dem Staatspräsidenten in der Hauptrolle. Die Bürgerproteste im Juli 2020 richteten sich primär gegen den als inkonsequent und widersprüchlich empfundenen „Zickzackkurs“ der Regierung bei der Bekämpfung der Pandemie, als diese infolge eines rapiden Wiederanstiegs der Infektionen erneut einen Lockdown einführen wollte. Unverständlich war für die Protestierenden die Tatsache, dass mit extrem rigorosen, restriktiven, repressiven und verfassungsrechtlich fragwürdigen Maßnahmen die Pandemie zwar erfolgreich eingedämmt worden war, diese Maßnahmen dann aber im Vorfeld der Parlamentswahlen am 21. Juni aus wahltaktischen Gründen auf ein Minimum reduziert wurden.

Während des Ausnahmezustands (mit den Unterschriften des Staatspräsidenten, der Ministerprä-sidentin und der Parlamentsvorsitzenden unter Umgehung des Parlaments beschlossen) wurden staatliche Institutionen wie das Parlament lahmgelegt und demokratische Prinzipien weitgehend eingeschränkt. Ein Jahr später steht es um den Parlamentarismus in Serbien eher noch schlechter: Nach dem weitgehend gescheiterten Wahlboykott des Großteils der demokratischen Opposition ist laut dem jüngsten EU-Kommissionsbericht die Aufrechterhaltung des politischen Pluralismus im Land wegen des Fehlens einer wirksamen parlamentarischen Opposition stark gefährdet.

Perspektiven

Zu Beginn schnitt Serbien etwas besser als die anderen Volkswirtschaften in der Region ab. Dies war hauptsächlich auf die geringe Abhängigkeit von schwer betroffenen Branchen wie dem Tourismus zurückzuführen. Auch die schwache Integration in den Weltmarkt bedeutete weniger spürbare Einschnitte. Nach einem Rückgang des serbischen BIP um rund 4 Prozent im Jahr 2020 gemäß den Schätzungen der Europäischen Kommission erwartet die Weltbank in ihrer jüngsten Prognose für 2021 ein Wirtschaftswachstum von 3 Prozent, während die optimistische serbische Regierung bei der Ausarbeitung des Haushaltsplans von 6 Prozent ausging.

Aber der außenpolitische Spagat zwischen Ost und West in einer Zeit, in der das Land mehr denn je die Zusammenarbeit mit seinen Nachbarn in Europa braucht, dürften sich eher negativ auswirken, so auch auf den europäischen Integrationsprozess. Die Beitrittsverhandlungen mit der EU sind ins Stocken geraten: Serbien konnte im Jahr 2020 infolge des von der EU-Kommission in ihrem jüngsten Fortschrittsbericht bestätigten Mangels an Rechtsstaatlichkeit und Demokratie kein neues Verhandlungskapitel eröffnen.

Autorinnen: Dagmar Konstantinović, Leiterin des Projektbüros in Serbien,  Jelena Đurović, stellvertretende Leiterin des Projektbüros

 

Leiter Institut für Europäischen und Transatlantischen Dialog

Dr. Wolf Krug
Südosteuropa
Armin Höller
Leiter