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Heilige Zeiten – Welche religiösen Feste feiern Menschen in Deutschland?
Teil XVIII: Advent

Das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlichen Glaubens gelingt umso besser, je mehr wir voneinander wissen. In einer kleinen Reihe wollen wir Unwissen mit Wissen begegnen und neugierig machen auf verschiedene Feste, die in Deutschland gefeiert werden. Heute: Advent oder – Amen, komm Herr Jesus! (Offenbarung 22, 20).

In den letzten Wochen vor Weihnachten herrscht in Deutschland eine ganz besondere Stimmung. Viele Menschen verbinden mit dieser Zeit spezielle Traditionen, Dekorationen, Melodien oder Gerüche. Diese sogenannte Adventszeit beginnt liturgisch gesehen immer am Vorabend eines Sonntags, erstreckt sich über vier Adventssonntage und endet stets am Vorabend des 25. Dezember, dem Heiligen Abend. Je nach Jahr kann sie also unterschiedlich lang sein und beginnt zwischen dem 27. November und dem 3. Dezember. In diesem Jahr startet sie am Sonntag, dem 28. November 2021, dem 1. Advent, mit dem zugleich offiziell das neue Kirchenjahr beginnt. Was sich für Christinnen und Christen hinter der Adventszeit verbirgt und wie man sie ganz persönlich erleben kann, erzählt uns die Rechtswissenschaftlerin A. Katarina Weilert:

Dr. A. Katarina Weilert, LL.M. (London), ist Rechtswissenschaftlerin und arbeitet als wissenschaftliche Referentin am Arbeitsbereich „Religion, Recht und Kultur“ der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST), einem interdisziplinären Forschungsinstitut, in Heidelberg.

Dr. A. Katarina Weilert, LL.M. (London), ist Rechtswissenschaftlerin und arbeitet als wissenschaftliche Referentin am Arbeitsbereich „Religion, Recht und Kultur“ der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST), einem interdisziplinären Forschungsinstitut, in Heidelberg.

Privates Foto

Macht hoch die Tür, die Tor macht weit;
Es kommt der Herr der Herrlichkeit,
Ein König aller Königreich,
Ein Heiland aller Welt zugleich,
Der Heil und Leben mit sich bringt;
Derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
Gelobet sei mein Gott,
Mein Schöpfer reich von Rat.

Die Adventszeit geht auf das lateinische Wort „adventus Domini“ zurück und bedeutet so viel wie „Ankunft des Herrn“. An sich findet die lateinische Bezeichnung ihren Ursprung im Griechischen „ἐπιφάνεια“ (Erscheinung) und steht damit  auch für die Ankunft eines Königs oder Kaisers. Die frühen Christen brachten damit zum Ausdruck, dass die Zeit vor Weihnachten eine Vorbereitungszeit ist auf Jesus Christus, Gottes Sohn. Er ist erhaben über alle Engel (Hebräer 1), Schöpfer und Ziel der Schöpfung (Kolosser 1), der an Weihnachten Mensch wurde und am Ende der Zeiten wiederkommen wird. Christen freuen sich in der Adventszeit also doppelt: Einmal auf die bevorstehende „Geburtstagsfeier“ ihres Herrn und Heilandes und auf das Versprechen Jesu „Ja, ich komme bald“, wie es in den letzten Worten Jesu in der Bibel festgehalten ist (Offenbarung 22).

In der Vergangenheit wurde die Adventszeit vielfach als Fastenzeit begangen, also als geistliche Vorbereitungszeit auf Jesu Kommen. Sinnlich wahrnehmbar wird der Advent durch den Brauch, Adventskränze mit vier Kerzen für die Sonntage vor Weihnachten, die sogenannten Adventssonntage, aufzustellen. Zum Ausdruck gebracht wird damit, dass Christus als das Licht in diese Welt gekommen ist. Im Johannesevangelium heißt es im ersten Kapitel:

„In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.“

Um Jesus als den Heiland zu be- und ergreifen bedarf es der eigenen Hinwendung, also einer Zeit des Suchens und Besinnens, für die die Adventszeit steht.

Heute ist im Alltag vielfach von dieser wunderbaren Idee des Advents wenig übriggeblieben. Weihnachten löst oft eine Zeit der Hektik aus, des Konsums,  des Findens von Geschenken, des Schreibens von Weihnachtsgrüßen  und des Hinwegtröstens über Stress und fehlenden Tiefgang durch in den Geschäften dargebotene oder selbst gebackene besondere Adventsleckereien. Sich dem zu entziehen und in die Bedeutung des Advents einzutauchen, ist angesichts des Kaufhausrummels mit Musik in Dauerschleife und eigenen Erwartungen an die Ausgestaltung des Festes neben einem prall gefüllten sonstigen Alltag fast nicht mehr möglich. Trotzdem ist Advent auch eine Zeit, in der Nächstenliebe durch persönliche Begegnungen und Spendensammlungen einen besonderen Stellenwert erfahren, in der Menschen in besonderer Weise ihre Familie, Freunde oder auch den armen, kranken Nachbarn wertschätzen. Gerade dadurch kann die Adventszeit, in der „andere Werte“ wieder mehr zu zählen scheinen, erfüllend sein. Sie kann aber auch ein Gefühl der Einsamkeit auslösen, wenn bei Menschen Beziehungen zerbrochen oder durch Tod verlorengegangen sind, und sich die Adventszeit nicht mehr in die Dimension der Ewigkeit begibt, sondern im weltlichen „Fest der Liebe“ steckenbleibt.

Für mich wird Advent, wenn in der Kirche das Lied „Macht hoch die Tür“ erklingt, und ganz persönlich ergreife ich den Advent, wenn es in der letzten Liedstrophe heißt:

Komm, o mein Heiland Jesu Christ,
Meins Herzens Tür dir offen ist.
Ach zieh mit deiner Gnade ein;
Dein Freundlichkeit auch uns erschein.
Dein Heilger Geist uns führ und leit
Den Weg zur ewgen Seligkeit.
Dem Namen dein, o Herr,
Sei ewig Preis und Ehr.

Die Adventszeit wird in Deutschland von rund 45 Millionen Christinnen und Christen gefeiert, erfreut sich aber auch über diesen Kreis hinaus großer gesamtgesellschaftlicher Beliebtheit.

Gesprächspartnerin: Dr. A. Katarina Weilert.