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Heilige Zeiten – Welche religiösen Feste feiern Menschen in Deutschland?
Teil XXI: Das christliche Weihnachtsfest

Das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlichen Glaubens gelingt umso besser, je mehr wir voneinander wissen. In einer kleinen Reihe wollen wir Unwissen mit Wissen begegnen und neugierig machen auf verschiedene Feste, die in Deutschland gefeiert werden. Heute: Das christliche Weihnachtsfest.

Christen in aller Welt feiern am 25. Dezember das Fest der Geburt Jesu Christi, des Sohnes Gottes. Christen in aller Welt? Im Prinzip ja. Das war historisch gesehen nicht immer so. Aber heute wird sowohl in der westlichen wie auch in der orthodoxen Christenheit das Weihnachtsfest an diesem Tag gefeiert.

Unterschiede ergeben sich allerdings durch verschiedene Kalender, die zur Bestimmung des Datums herangezogen werden. So halten altkalendarisch ausgerichtete Teilkirchen wie die ukrainische oder serbische Kirche bis heute am julianischen Kalender fest, weshalb sie alle festliegenden Feiertage jeweils 13 Tage später als die westlichen Kirchen (und orthodoxe Neukalendarier wie in Rumänien oder Bulgarien) feiern.

Hierzulande fällt Weihnachten jedenfalls alljährlich auf den kalendarischen 25. Dezember, wenngleich sich die Feierlichkeiten zunehmend auf den Vorabend des eigentlichen Festes, den sogenannten Heiligen Abend, verlagert haben. Was genau an Weihnachten gefeiert wird, erklärt uns der evangelische Theologe und Autor Uwe Heimowski:

Uwe Heimowski ist seit 2016 Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz e.V. beim Deutschen Bundestag und der Bundesregierung.

Uwe Heimowski ist seit 2016 Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz e.V. beim Deutschen Bundestag und der Bundesregierung.

privat

Es ist schon ein Dilemma: Der Glaube an den einen Gott ist nicht nur für den Glaubenden selbst, sondern für unsere ganze Gesellschaft, unsere Kultur, unser Grundgesetz ein tragendes Fundament. Doch bleibt dieser Gott uns merkwürdig entzogen: Wir können ihn nicht sehen, nicht hören, nicht riechen, nicht schmecken, nicht fühlen …

Oder doch? Weihnachten ist ein sinnliches Fest. Gott wird Mensch. Kommt in einer Krippe zur Welt, in Windeln gewickelt, in Stroh gebettet. Die theologische Tiefe des Mysteriums, wie Jesus Christus wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich sein kann, haben viele Denker auszuloten versucht, ohne sie wirklich zu erfassen.

Die Weihnachtsgeschichte aber versteht jedes Kind. Darum spielen wir sie nach in den Krippenspielen am Heiligen Abend, Jahr für Jahr, landauf, landab, in seltener ökumenischer Eintracht in katholischen, evangelischen oder freikirchlichen Gottesdiensten.

Diese große Erzählung von der Schwangeren, der niemand Herberge geben wollte, von dem Neugeborenen, den Hirten, den Königen, den Engeln, dem bösen König Herodes. Die Geburt im Stall, in dem sich Himmel und Erde, Arm und Reich, Gott und Mensch begegnen. Gläubige und Nichtgläubige sind fasziniert und berührt von dieser Geschichte.

Dass der Schöpfer der Welt sich zu ihnen hin erniedrigt, das erhebt die Schwachen - die Magd, die Hirten, die Ausländer - zu wahrer Größe. Dass Gott sein Geschick in die Hände von Maria und Josef legt, erfüllt uns mit Demut - und Ehrfurcht: Wieviel Liebe und Vertrauen muss ein Allmächtiger besitzen, der sich klein macht und ohnmächtig zeigt?

Wir feiern Weinachten als Fest der Familie. Wir pflegen unsere (Familien-)Traditionen: schmücken den Baum, zünden Kerzen an, bereiten ein festliches Menü, beschenken einander. Und kommen dem Kern des Weihnachtsfestes sehr nah: Wir feiern, weil der Himmel auf die Erde gekommen ist. Wir schenken, weil Gott sich uns geschenkt hat. In die Dunkelheit. Um ein Mensch unter Menschen zu sein.

Das Weihnachtsfest wird in Deutschland von rund 45 Millionen Christen gefeiert. Da der ursprüngliche Sinn des Festes allerdings spätestens seit dem 19. Jahrhundert durch Bräuche ergänzt und überlagert wurde, die allenfalls am Rande mit der Geburt Jesu Christi zu tun haben, wird Weihnachten heute nahezu flächendeckend von der gesamten Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland zelebriert.

Gesprächspartner: Uwe Heimowski.