Es ist schon ein Dilemma: Der Glaube an den einen Gott ist nicht nur für den Glaubenden selbst, sondern für unsere ganze Gesellschaft, unsere Kultur, unser Grundgesetz ein tragendes Fundament. Doch bleibt dieser Gott uns merkwürdig entzogen: Wir können ihn nicht sehen, nicht hören, nicht riechen, nicht schmecken, nicht fühlen …
Oder doch? Weihnachten ist ein sinnliches Fest. Gott wird Mensch. Kommt in einer Krippe zur Welt, in Windeln gewickelt, in Stroh gebettet. Die theologische Tiefe des Mysteriums, wie Jesus Christus wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich sein kann, haben viele Denker auszuloten versucht, ohne sie wirklich zu erfassen.
Die Weihnachtsgeschichte aber versteht jedes Kind. Darum spielen wir sie nach in den Krippenspielen am Heiligen Abend, Jahr für Jahr, landauf, landab, in seltener ökumenischer Eintracht in katholischen, evangelischen oder freikirchlichen Gottesdiensten.
Diese große Erzählung von der Schwangeren, der niemand Herberge geben wollte, von dem Neugeborenen, den Hirten, den Königen, den Engeln, dem bösen König Herodes. Die Geburt im Stall, in dem sich Himmel und Erde, Arm und Reich, Gott und Mensch begegnen. Gläubige und Nichtgläubige sind fasziniert und berührt von dieser Geschichte.
Dass der Schöpfer der Welt sich zu ihnen hin erniedrigt, das erhebt die Schwachen - die Magd, die Hirten, die Ausländer - zu wahrer Größe. Dass Gott sein Geschick in die Hände von Maria und Josef legt, erfüllt uns mit Demut - und Ehrfurcht: Wieviel Liebe und Vertrauen muss ein Allmächtiger besitzen, der sich klein macht und ohnmächtig zeigt?
Wir feiern Weinachten als Fest der Familie. Wir pflegen unsere (Familien-)Traditionen: schmücken den Baum, zünden Kerzen an, bereiten ein festliches Menü, beschenken einander. Und kommen dem Kern des Weihnachtsfestes sehr nah: Wir feiern, weil der Himmel auf die Erde gekommen ist. Wir schenken, weil Gott sich uns geschenkt hat. In die Dunkelheit. Um ein Mensch unter Menschen zu sein.
Das Weihnachtsfest wird in Deutschland von rund 45 Millionen Christen gefeiert. Da der ursprüngliche Sinn des Festes allerdings spätestens seit dem 19. Jahrhundert durch Bräuche ergänzt und überlagert wurde, die allenfalls am Rande mit der Geburt Jesu Christi zu tun haben, wird Weihnachten heute nahezu flächendeckend von der gesamten Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland zelebriert.